Beim Bundeswettbewerb in Lübeck habe ich die einmalige Chance erhalten, einen Forschungsaufenthalt an der University of Rhode Island in den USA durchzuführen. Über mein Erlebnis auf der anderen Seite des Atlantiks möchte ich euch hier gerne berichten.

Die Sonderpreisverleihung am 28. Mai 2022 fand in einem feierlichen Rahmen in der Kulturwerft Gollan statt, mit tollem Essen und einem unterhaltsamen Rahmenprogramm. Die Atmosphäre war so schön, dass ich anfangs überhaupt nicht bemerkte, wie mein Stand in der letzten Runde der Preise aufgerufen wurde. Als ich dann als letzte Preisträgerin auf der Bühne stand, dämmerte es mir, dass es etwas Ernstes ist. Die Chance zu erhalten, an einem College in den USA ein Forschungspraktikum durchzuführen, ist Wahnsinn und ich habe mich auf der Bühne mächtig gefreut.

Nach einem dreiviertel Jahr des vorfreudigen Wartens und intensiven Organisierens, einem aufwändigen Visumsantrag und den letzten Klausuren an der Uni war es dann soweit. Am 26. Februar stieg ich in Frankfurt ins Flugzeug und kam rund 12 Stunden später in Providence, Rhode Island am Flughafen an, wo ich von meinem Vermieter abgeholt wurde.

Anders als für die vorherigen Jugend forscht-Stipendiaten gab es für mich aufgrund der hohen Belegung im IEP House keinen Platz am Campus. Stattdessen wurde ich bei einem Professor des Language Departments ca. 10 Minuten von der Universität entfernt untergebracht. Zusammen mit einem weiteren Untermieter, einem Masterstudenten aus Kuwait, lebte ich also die erste Zeit in einem typischen kleinen amerikanischen Ort.

Zufälligerweise wurde ca. eine Woche nach meiner Ankunft doch ein Zimmer im IEP House frei und ich konnte dort einziehen. Meine neue Zimmernachbarin war aus Frankreich und studiert Biologie.

Im IEP House leben deutsche, französische und japanische Austauschstudenten, sowie amerikanische Studenten des International Engineering Program. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten kann man gut mit anderen Austauschstudenten ins Gespräch kommen und durch verschiedene Aktivitäten im IEP House, wie Filmabende, wurde es nie langweilig. So waren wir bei einem Fußballspiel, um das Team der internationalen Studenten anzufeuern oder haben uns ein Lacrosse Spiel angeschaut.

Das Football-Feld der Universität, auf dem die Sportveranstaltungen stattfanden

Da ich noch nie vorher in einem Labor stand, musste ich in der ersten Woche ein lab safety training, also eine Sicherheitsunterweisung für das Labor, durchlaufen, bevor ich mich an die Arbeit machen konnte.

In dem Labor von Professor Shen, in dem ich mein Praktikum machte, arbeiten drei Doktoranden und einige Studenten an Medikamentenentwicklung und -zufuhr für verschiedene Therapiearten von beispielsweise Krebs oder Asthma. Bereits an meinem ersten Tag im Labor untersuchte ich zusammen mit einem anderen Praktikanten Bluthochdrucktabletten auf ihre Löslichkeit und präparierte sie, um mittels High Pressure Liquid Chromatography (HPLC) die tatsächliche Wirkstoffkonzentration in den Tabletten zu ermitteln.

Während ich den Doktoranden bei ihren Projekten half, wurden mir die Instrumente im Labor erklärt und ich lernte grundlegende Prozeduren in der pharmazeutischen Forschung kennen.

In der Spring Break hatte unser Labor Besuch von einer Gruppe High School-Schülern, mit denen wir ein Mini-Praktikum durchgeführt haben. Sie konnten ihre eigenen Medikament-beladenen Liposome herstellen und anschließend auf Partikelgröße und Ladung sowie Stabilität testen. Die Vorträge und Führungen im Department of Chemical Engineering, die im Rahmen dieses Besuches abgehalten wurden, waren auch für mich sehr interessant und verschafften mir einen weiteren Einblick in die Forschung. So wurde uns auf einer Führung durch die Instrumentensammlung beispielsweise die Funktionsweise eines Elektronenmikroskops erklärt.

Ich durfte auch mein eigenes Forschungsprojekt durchführen, in dem ich mich mit der Optimierung von Partikelgrößen der Liposome und deren Stabilität beschäftigt habe. Dabei mussten verschiedene Parameter wie die Zusammensetzung der Liposome oder die Beladung mit einem Medikament wie beispielsweise Kurkuma berücksichtigt werden. Um mögliche Ansätze für meine Testreihen zu finden, musste ich mich mit vielen Papers und Literatur auf diesem Gebiet beschäftigen und so schließlich auch computergestützte Parameter in die Herstellung und Optimierung mit einbringen. Auch die richtigen Bedingungen für eine korrekte Messung mussten ausgetüftelt und eingehalten werden.

Ein Teil meines Arbeitsplatzes im Pharmazielabor

In einem anderen Projekt hat sich eine Doktorandin mit der Reproduzierbarkeit von Cremes beschäftigt und mit ihr konnte ich Moleküle mikroskopieren und auswerten, High Pressure Liquid Chromatography (HPLC) durchführen, sowie mittels in vitro release testing überprüfen, wie schnell der Wirkstoff in unseren Körper übergeht.

Eine Gruppe von Bachelorstudentinnen im Labor hat sich damit beschäftigt, mittels 3-D-Druck Mini-Tabletten für Kleinkinder herzustellen. Auch dort durfte ich bei der Herstellung helfen und mit verschiedenen Designs für den 3-D-Drucker experimentieren.

Die Zeit, die ich nicht im Labor stand, habe ich damit verbracht, mir Rhode Island und die Umgebung anzusehen. Am Anfang der Spring Break bin ich für ein paar Tage alleine nach New York gereist, was ein riesiges Abenteuer für mich war.

Manhattan Skyline

An einem Abend gab es in Providence, der Hauptstadt von Rhode Island, eine Reception der Konsulin der New England Staaten, die die University of Rhode Island ebenfalls besuchen durfte. Dort haben wir (Deutschprofessoren und -studierende der Universität sowie eine weitere deutsche Praktikantin und ich) eine interessante Veranstaltung besucht, bei der ich viel über den Stellenwert des universitären Deutschunterrichtes an der University of Rhode Island lernen konnte.

An den Wochenenden war ich in Narragansett am Strand und mit Freunden in Providence oder Boston, was mit dem Zug nur etwa eine Stunde von Kingston entfernt ist. Wir waren auch in New Haven, Connecticut, um Yale zu besichtigen. Bei besserem Wetter sind wir in der Nähe der Universität oder in Newport am Meer wandern gegangen. Da Rhode Island der „Ocean State“ ist, gibt es sehr schöne Strände und Küstenlandschaften.

Küste am Point Judith, Narragansett

Cliff Walk in Newport

An meinem letzten Abend hat mich eine meiner Betreuerinnen zu sich eingeladen und wir haben bei selbstgekochtem indischen Essen die letzten Stunden ausklingen lassen, bevor ich mich dann schweren Herzens von meiner Arbeitsgruppe, meinen Freunden im IEP House, der Universität und ganz Rhode Island verabschieden musste.

Die Zeit an der University of Rhode Island war aufregend und interessant, wissenschaftlich wie auch persönlich. Ich habe so viel Neues erfahren und konnte pharmazeutische Forschung aus erster Hand beobachten und mitgestalten. In den USA habe ich viele neue Freunde gefunden, von denen ich hoffentlich einige im nächsten Jahr wiedersehe. Vor allem konnte ich das amerikanische College-Leben miterleben und neue Aspekte der amerikanischen Kultur kennenlernen.

Ich bedanke mich herzlich bei Jugend forscht und der Ernst A. C. Lange-Stiftung, dass sie mir diesen einmaligen und unvergesslichen Aufenthalt ermöglicht haben.