Beim diesjährigen Bundeswettbewerb von Jugend forscht hatte ich das große Glück, ein Praktikum an der University of Rhode Island zu gewinnen. Ende August hatte das Warten dann ein Ende.

Nach einem leicht verspäteten Flug wurde ich in Boston abgeholt und zum Campus gebracht. Für die nächsten Wochen sollte das IEP house, ein Studentenwohnheim, mein Zuhause werden. Dort teilte ich mir ein Zimmer mit Holly, einer chinesischen Austauschstudentin, die Journalismus studiert. Trotz Jetlag ging es für mich schon am nächsten Morgen mit dem Praktikum los. Praktischerweise liegen die Labore nur 5-10 Gehminuten vom IEP house weg, sodass ich hinlaufen konnte und jeden Morgen den Blick über weitläufige Grünflächen und schlossartige Gebäude genießen konnte.

Hier am College of pharmacy verbrachte ich die meiste Zeit meines Praktikums.

Ich arbeitete am Chemical and Biomedical Engineering Department im Arbeitskreis von Dr. Kennedy mit, der sich unter anderem mit Tissue Engineering, also der künstlichen Herstellung von Gewebe, beschäftigt. Aktuell entwickelt die Gruppe ein Gerüst, mit dem sich die Knochenregeneration zeitlich und räumlich steuern lässt. Dazu werden Magnetoliposome – Bläschen mit einem wässrigen Kern und einer hydrophilen und hydrophoben Doppelschicht als Membran, die mit magentischen Partikeln beschichtet ist – mit verschiedenen Wachstumsfaktoren beladen und in ein Hydrogel eingebettet, um die Langlebigkeit der Liposome zu verbessern. Die Freisetzung der einzelnen Wachstumsfaktoren erfolgt durch das Anlegen von Magnetfeldern mit unterschiedlicher Stärke.

Mein Projekt…

Meine Aufgabe für die nächsten fünf Wochen bestand darin, die Möglichkeit zur räumlich kontrollierten Freisetzung aufzuzeigen, indem ich aufzeige, dass sich die räumliche Anordnung der Liposome im Hydrogel gezielt steuern lässt. Dabei wurden stellvertretend für die Wachstumsfaktoren als Modellsubstanzen rote und grüne Farbstoffe verwendet. Für dieses Projekt musste ich zunächst Recherchen anstellen, welche Materialien und Methoden in der Literatur verwendet werden und diese dann in dem Projekt anwenden. Nach Rücksprache mit Dr. Kennedy bestellten wir die Sachen und es hieß Warten. Die räumliche Anordnung der Liposome soll mittels Photolithographie kontrolliert werden. Man erstellt also eine Photomaske mit der gewünschten Form, bringt sie auf die Einbettform, in der sich die Polymerlösung befindet und bestrahlt das Ganze mit UV-Licht. Im transparenten Bereich der Maske bildet sich das Hydrogel, während im geschwärzten Bereich keine Gelbildung stattfindet.

In der Zwischenzeit lernte ich, wie man mit Farbstoff beladene Liposome herstellt, diese in ein Hydrogel einbringt und deren räumliche und zeitliche Verteilung mithilfe eines Plattenlesers analysiert. Hier bestand das Ziel darin, ein dreidimensionales Bild eines Hydrogels zu erhalten, in dem man mit beiden Farbstoffen beladene Liposome erkennen kann. Leider kam es zu Lieferverzögerungen und einer Fehllieferung, sodass ich das Projekt nicht mehr vollständig praktisch umsetzen konnte. Deshalb sollte ich ein Protokoll erstellen, mit dem die Gruppe meine Arbeit fortsetzen kann.

… und das Campusleben

In meiner zweiten Praktikumswoche hat gerade das neue Semester begonnen und so fanden viele Veranstaltungen statt wie beispielsweise die URI First Night, bei der sich verschiedene Organisationen und Gruppen bei Musik und verschiedenen Spielen wie Rodeo vorstellten. Und natürlich bot dies auch eine gute Gelegenheit, andere Studenten kennenzulernen.

Wenn ich nicht gerade im Labor stand, wurde es auch nie langweilig. So gab es beispielsweise die Möglichkeit, an der deutschen Kaffeestunde teilzunehmen, bei der man gemeinsam mit amerikanischen Studenten, die gerade Deutsch lernen, bei Kaffee und Kuchen verschiedene Spiele spielt. Passend zur Bundestagswahl fand auch die German Campus Week statt. Hierzu gab es eine Ausstellung, Vorträge und Analysen zur Bundestagswahl unter anderem mit einer Referentin von der Cornell University, und zum Abschluss eine Wahlparty.

Im Rahmen des 125-jährigen Jubiläums der URI wurden auch einige Veranstaltungen wie das Honor’s Colloquium organisiert, für das jeden Dienstagabend ein Forscher eingeladen wurde, der einen Vortrag über seine Arbeit hält. So kamen Jane Goddall, die Schimpansenforscherin, deren Vorstellung leider schon ausgebucht war, und Meave Leakey, eine der bedeutendsten Anthropologen unserer Zeit, deren beeindruckenden Vortrag ich miterleben durfte. Sie gab ihren Zuhörern insbesondere Optimismus für die Zukunft mit: Denn so wie wir innerhalb der letzten Jahrhunderte technologische Fortschritte geschaffen haben, die unser Leben von Grund auf veränderten, so werden wir auch in der Lage sein, zukünftige Herausforderungen zu meistern.

An meinem letzten Praktikumstag richtete das Konfuzius Institut der URI das Mondfest aus, bei dem es traditionellen Mondkuchen gab und eine Bühnenshow von der chinesischen Partneruniversität, die von Gesangseinlagen über traditionelle Tänze bis hin zu Tai Chi reichte.

Musikdarbietung der chinesischen Partneruniversität mit traditionellen Instrumenten

Die Wochenenden nutzte ich dazu, die umliegenden Städte zu erkunden. Providence, die Hauptstadt von Rhode Island, ist etwa in einer, Boston in zwei und New York in drei Stunden zu erreichen. In Boston besichtige ich u. a. die Harvard University und das MIT, wobei ich in Harvard einen beeindruckenden Einblick in die Forschung der Arbeitsgruppe von Prof. Lewis erhielt, die sich unter anderem auch mit selbstfaltenden Polymeren für Tissue Engineering Zwecke beschäftigt.

Mein letztes Wochenende verbrachte ich in New York, einer der aufregendsten, aber auch chaotischsten Städte, die ich je gesehen habe. Dort besuchte ich u. a. den Central Park, Ground Zero, den Times Square, das Metropolitan Museum of Art und fuhr mit der Staten Island Ferry, von der man einen herrlichen Ausblick auf die Statue of Liberty genießen kann.

Am Times Square wandeln alle möglichen Gestalten herum, von Mickey Mouse über Spiderman bis hin zu Donald Trump.

Nach fünf Wochen, die viel schneller vergingen als ich mir vorgestellt hatte, hieß es für mich Abschiednehmen von meinen neuen Freunden, von denen ich viele wahrscheinlich wiedersehen werde, da sie im Rahmen des Auslandsjahrs ihres „International Engineering Programs“ nach Deutschland kommen. Rückblickend hatte ich eine tolle Zeit in den USA, die mir einen guten Einblick über die biomedizinische Forschung und den Forschungsalltag verschafft hat.

An dieser Stelle möchte ich mich insbesondere bei der Stiftung Jugend forscht e. V. und bei der Ernst A. C. Lange-Stiftung dafür bedanken, dass sie mir diese fünf unvergesslichen Wochen ermöglicht haben.